Parma 1989. Die jungen Männer waren sehr unbekümmert, der Professor genügend weit entfernt.
Einer rauchte, einer aß ein Eis, ein anderer ein Sandwich mit Fontina-Käse, während der Affe gemütlich auf einem Stuhl saß, sein Kopf mit Elektroden verbunden.
Glücklicherweise kannten sie noch keine Europäischen Normen, die das Leben in den Laboren regeln würden. In dem euphorischen Chaos an diesem Tag, vergaßen die jungen Wissenschaftler auch den Verstärker abzuschalten, nachdem sie aufgehört hatten, die elektrischen Impulse des Gehirns vom Tier zu messen.
Plötzlich verursachte der Verstärker einen irren Lärm, gab an, dass das Gehirn des Affen sich regte.
Es war der Moment, in dem der Affe das Eis sah, und die fröhlichen Wissenschaftler, die etwas anderes untersuchen wollten, jetzt aber zufälligerweise die Spiegelneuronen entdeckt hatten.
Die Spiegelneuronen bemerken nicht nur, was um einen herum passiert, sondern bereiten sich auch auf die Handlung vor, in dem sie ebenfalls die Motoneuronen betätigen.
Das heißt, der Affe hatte nicht nur das Eis erfasst, sondern sich auch darauf vorbereitet es zu essen, indem er die Muskeln im Mund aktivierte.
So erzählt, erscheint es banal, aber das ist es nicht.
Dieses Prinzip kann ferner für die Behandlung zahlreicher neurologischer Krankheiten hinzugezogen werden, bei denen diese Neuronen zu viel arbeiten und unfreiwilligen Bewegungen und Geräuschen ausgesetzt sind oder wo sie gar nicht arbeiten wie beim Autismus, aber auch für Therapien zur muskulären Rehabilitation, im Verstehen des Systems der zwischenmenschlichen Kommunikation und vielem anderen.
Die Spiegelneuronen öffneten folglich ein großes Fenster zur Komplexität unseres Gehirns.
Serendipity (glücklicher Zufall) nennen sie jetzt in allen Sprachen eine Entdeckung, die ungewollt gemacht wurde.
War für eine wunderbare serendipity, die in die Medizingeschichte Einzug hielt.
Später wurden zahlreiche Experimente durchgeführt, die ganz gewissenhaft schwarz auf weiß festgehalten wurden und früh allen die Funktionalität der Spiegelneuronen klargemacht haben.
Unser Kopf ist dazu da, mit der Welt zu interagieren, das wussten wir schon. Aber jetzt haben wir darüber den Beweis.
Das Gehirn allein funktioniert darüber hinaus nicht als Modell. Es kann deswegen nie mit dem vergleichbaren Algorithmus eines Computers betrachtet werden. Wir sind nicht digital, sondern analog, und unser Kopf kann nie auf unseren Körper verzichten, die Beiden dienen einer dem anderen und sind im Gegenteil alles Eins.
Körper mit Gehirn suchen andere Körper mit Gehirn, seit den ersten Momenten des eigenen Lebens.
Wenn das nicht passiert, stehen wir vor einem pathologischen Fall.
Empathische Einstellungen und Offenheit gegenüber den anderen sind demnach natürlich und richtig und dienen zum Kommunizieren, zum Vorhersehen von Verhalten, dazu, sich in die Lage von anderen zu versetzen, zum Handeln und sogar dem Wiedererlangen von verloren gegangenen Bewegungen, während Ausdruck von Angst und Abwehr Anzeichen von Krankheit sind.
Wofür ist diese Entdeckung gut? Sie nutzt vielen Dingen. Da es sich hier um einen Blog handelt, können wir das Thema nicht noch mehr vertiefen, aber wir können versuchen, darüber nachzudenken.
Übersetzt von Michaela Schlegel
Bibliographie
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