Stabat Mater

Raffaela Rondini

Am Samstag, den 13. April war der Berliner Dom voller Menschen, die sich das Stabat Mater von Antonin Dvořák anhörten.

Das Stabat Mater ist ein Klassiker in der Osterwoche.

Stabat Mater dolorosa iuxta crucem lacrimosa, dum pendebat filius, und zwar es stand die Mutter voller Leiden beim Kreuz, tränenreich, während dort ihr Sohn hing, schrieb im XIV Jahrhundert Jacopone da Todi, und zu diesen Wörtern wurde Musik für viele Jahrhunderte komponiert.

Das Thema des höchsten Leidens liegt am Herzen der Christlichen Tradition, die es aber dann in Mitleid für das Leiden anderer Menschen umwandelt und sogar in der Hoffnung der Wiederauferstehung.

Die Verarbeitung des Leidens ist jedenfalls ein universelles Thema, das die menschlichen Ereignisse begleitet, und hier in Berlin haben wir eine fantastische Interpretation einer Musik, die alleine schon ein Meisterwerk ist.

Wer den religiösen Text von Jacopone im Kopf hat und die freie und lebendige Orchestrierung von Dvořák hört, lächelt sofort euphorisch und erleichtert zu den kräftigen, mutigen und hoffnungsvollen Noten, zu den optimistischen Tönen, die immer mehr über die Tragödie dominieren, erst mit einer graziösen Melodie, dann mit einem beeindruckenden Crescendo, das in einen erstaunlichen und überwältigenden Schluß in der Gloria des Paradieses endet.

Wir hätten geklatscht bis unsere Hände weh tun, aber der tolle Domkantor Tobias Brommann hat uns zum Respekt für den Tod Christus gebeten, es nicht zu tun, und so sind wir alle am Ende aufgestanden und haben schweigend unseren Dank den Musikern für diese unglaubliche Aufführung gezeigt.

Als ich zurück nach Hause lief, habe ich daran gedacht, wie der böhmische Komponist so ein schönes Stück geschaffen hat, nachdem er den Tod seiner drei Kinder erlebt hatte.

Wie können einige grossartige Menschen den Horror in Schönheit verwandeln und welche innere Stärke trägt sie?

So beim Laufen kam mir das Bild von Pietro Bartolo von Lampedusa, der seit Jahren die Flüchtlinge auf den Schiffen untersucht, bevor sie ankommen oder deren Tod feststellt und immer schreckliche Geschichten erzählt, ohne die Hoffnung und die Menschlichkeit zu verlieren.

Ich habe dann an den Film Das Leben ist schön gedacht, der eine furchtbare und gleichzeitig liebevolle Geschichte erzählt.

Es scheint so, als ob ein Licht des Bewusstseins manchen außergewöhnlichen Personen ermöglicht,  nicht nur weiter zu blicken, sondern die Menschen herum auch zu erleuchten, und sie dazu zu ermutigen, immer und überall weiter vertrauensvoll zu leben.

( Lektorat von Michaela Schlegel )

6 Jahren vor