Die S-Bahn ist die städtische Linie, deren Stationen leicht am weißen S auf grünem Untergrund zu erkennen sind, wohingegen die U-Bahn ein weißes S auf blauem Untergrund aufweist.
Das Symbol wurde offiziell am 01.Dezember 1930 eingeführt und erfreute alle Einwohner der Stadt. Die Züge fuhren bereits elektrisch und beförderten die Menschen überall hin. Die Hauptstadt wurde wirklich zu einer Metropole, gesegnet mit Fortschritt und Modernität. Gleise wurden kontinuierlich bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ausgebaut, was jedoch die Berliner nicht davon abhielt, ihre S-Bahn zu benutzen und zu lieben. Das ging so lange, bis sie zwischen 1943 und 1945 heftig bombardiert wurde.
Mitten in der Verwüstung wurde entschieden, dass mit sofortigen Wiederherstellungsmaßnahmen die S-Bahn ihren Dienst wieder aufnehmen sollte. Nahrung und Brennstoff zum Heizen waren wirklich knapp in diesem schrecklich kalten Winter im Jahr 1945, aber es war von äußerster Wichtigkeit, dass die Züge zurückkehrten. Man kann verstehen, wie sehr die Bahnstrecken das pulsierende Herz der Hauptstadt repräsentierten, wenn man sieht, wie schnell sie wieder zum Leben erweckt wurden. Eine besondere Wiederbelebungsmaßnahme wurde einberufen, ähnlich dem Slogan „wer bringt einen Patienten mit Herzstillstand zurück ins Leben“. Etwas Adrenalin, ein paar Elektroschocks, und die Züge kamen zurück. Berlin war gerettet. Die Trümmer haben vielleicht noch geraucht, aber Ende 1945 waren bereits 216 Kilometer Gleise ersetzt worden. Auch wenn sie fast verhungerten, konnten die Berliner wenigstens von Schöneberg wieder zum Baden an ihren geliebten Wannsee fahren.
Bis 1947 waren der Norden und Süden der Stadt wieder verbunden. Dann wurde sie in Sektoren aufgeteilt, und die Alliierten überließen das Schienennetz den Sowjets. 1949 ging die S-Bahn, die zur Reichsbahn gehörte, auf die Staatsbahn der neu gegründeten Deutschen Demokratischen Republik über. Natürlich nicht ohne einen sich hinziehenden Streit bezüglich der Abnormität, dass die DDR den öffentlichen Nahverkehr allein führen sollte.
In den fünfziger Jahren verkörperten die Gleise ein wichtiges Mittel zur Flucht aus Ost-Berlin. Mit dem Bau der Mauer am 13. August 1961 wurden auch die S-Bahngleise unterbrochen.
Einige Stationen, wie die Friedrichsstraße wurden Grenzübergänge, an denen man zahlreiche Durchsuchungen über sich ergehen lassen musste, bevor man in die andere Hälfte der Stadt weiterreisen durfte.
Das Nachbargebäude bekam den Spitznamen „Tränenpalast“, das es an der Stelle stand, an der viele Menschen, die getrennt durch die Mauer, gezwungen waren, sich voneinander zu verabschieden.
Die beiden Gleise in der Friedrichstraße wurden erst am 02. Juli 1990 wiedervereinigt.
Heute ist die Station Friedrichstraße eine heitere und elegante alte S-Bahnstation und sonnt sich im Licht, das durch die großen Fenster einfällt.
Der Tränenpalast beherbergt soziale und kulturelle Veranstaltungen, aber die langen Gänge mit Geschäften im Erdgeschoss bleiben dunkel und bewahren noch vage etwas Düsteres und Klaustrophobisches in der Luft.
West-Berlin begann, die Nutzung der S-Bahn mit vielen offiziellen Slogans, wie „Keine Mark für Ulbrichts Stacheldraht“, zu boykottieren. Damit tat die Stadt kund, dass die Benutzung der S-Bahn die Teilung der Stadt mitfinanzierte. Der Boykott erwies sich als hart. West-Berlin unternahm alles erdenklich Mögliche, um die bequemen Strecken durch neue Busse und U-Bahnlinien zu ersetzen, um so die Bürger von West-Berlin von der Benutzung der oberirdischen Bahn abzuhalten. Die S-Bahn wurde jetzt praktisch nur noch von Ost-Berlinern genutzt, die auch noch daran denken mussten, einen Hin- und Rückfahrschein zu kaufen, denn eine Rückfahrt aus dem Westen war viel zu teuer. In West-Berlin wurde sich über die S-Bahn als Schüttelbahn lustig gemacht.
Wenige und Ungehörte erhoben ihre Stimme gegen diese Einstellung. Einer von ihnen war auch der Schriftsteller Uwe Johnson, der glaubte, dass der politische Boykott viel zu schwer auf den Schultern der Bevölkerung lastete, die gezwungen war, für Bus und U-Bahn zu zahlen. Beide waren teurer als die S-Bahn und weniger komfortabel. Es war ein Schaden für die Stadt, und Uwe Johnson wurde ebenfalls boykottiert.
Der Krieg, den West-Berlin gegen die S-Bahn führte, brachte der Stadt größere Defizite und Störungen. Die ungenutzten Stationen eigneten sich hervorragend für illegalen Handel und Verbrechen, was der Westberliner S-Bahn ein wirklich düsteres Ansehen verschaffte.
Im September 1980 kündigten die Westberliner Eisenbahner einen großen Streik an, aus dem die DDR einen Nutzen zog und viele ihrer nicht rentablen Weststrecken dicht machte. Der Protest der West-Eisenbahner wurde aber immer stärker, und zum Schluss übertrug Ost-Berlin der Westberliner BVG die Verwaltung von einem ca. 20 km langen Schienennetz.
1981 kam es zu einer hitzigen Wahldebatte über die S-Bahn. Ganz plötzlich wollte West-Berlin die S-Bahn zurück, als ob damit sämtliche Verkehrsprobleme hätten gelöst werden können. Es war beinahe so, als ob es den heftigen BVG-Boykott nie gegeben hätte und alle wieder die Schnellbahn liebten.
1983 gab es intensive Gespräche zwischen dem Berliner Senat, der DDR und der Bonner Regierung der BVG zu erlauben, viele Strecken der S-Bahn wieder zu betreiben. 1984 fingen die West-Berliner wieder an, den oberirdischen Schienenverkehr so lange zu nutzen, bis im Frühjahr 1989 die neue Grüne und Linke Koalition im Senat beschlossen, den Betrieb sogar weiter auszubauen.
Mit dem Fall der Mauer übernahm die S-Bahn schließlich wieder den Dienst, um die täglich mehr als eine Million Menschen schnell und regelmäßig zu transportieren, in ca. 2.600 Zügen, auf mehr als 300 Schienenkilometern.
Übersetzt von Michaela Schlegel