Ich hab mal die Wohnung eines jungen Mannes gesehen, in der gab es nur zwei Bücher, das Telefonbuch und das Lehrbuch der Fahrschule. Das hat mich so erschreckt wie damals die Messiewohnung. Kein einziges richtiges Buch!
Mein Vater war so unglaublich stolz auf sein Herrenzimmer mit dem Bücherschrank und seinen Büchern. Zu Frau H. kamen die Bücher mit. Zusätzlich kauften wir uns RoRoRo-Bändchen mit modernerer Literatur. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es im Heim keine Bücher. Wir haben auch lieber getanzt und geredet. Und ich hatte auch mit der Schule zu tun. Im Keller bekam ich von meiner Freundin Gabi den ersten Simmel. Ich hab ihn die ganze Nacht durch gelesen. Liebe ist nur ein Wort. In meiner neuen Wohnung schenkte mir mein Nachbar den zweiten Simmel. Es muss nicht immer Kaviar sein.
Als es in der Bücherei die ersten Hörbücher gab, sah der Bibliothekar das Ende des Abendlandes voraus. „Wir werden alle zu Analphabeten“.- Zugegeben wurde ich lesefaul. Die Hörbücher waren so praktisch. Die Hände frei hörte ich beim Fensterputzen den ganzen ‚Herr der Ringe‘.
Heute höre ich zum Einschlafen einen Italienischkurs, ‚Berühmte Deutsche‘ oder ‚Altes Land‘. Bücher lese ich nur hin und wieder. – Das Abendland ist trotzdem nicht untergegangen.